Junaid war ein berühmter Sufi-Lehrer und bekannt dafür, dass er jede sich bietende Gelegenheit nutzte, um seinen Schülern etwas beizubringen.
Eines Tages ging er mit den Schülern über einen Wochenmarktmarkt, als ein Bauer, der am Strick seine Kuh führte, ihren Weg kreuzte. „Halt, warte einen Moment“, rief Junaid dem Bauern zu und, zu den Schülern gewandt: „Kommt her zu diesem Bauern hier mit der Kuh, ich will euch etwas zeigen.“
Die Schüler kamen neugierig herbei und auch der Bauer war neugierig, zu welcher Demonstration Junaid, dessen Ruhm als Mystiker auch ihm bekannt war, ihn und seine Kuh brauchen würde.
Junaid fragte seine Schüler: „Wer ist hier durch den Strick an wem festgemacht? Die Kuh an dem Bauern oder der Bauer an der Kuh?“ Die Schüler antworteten: „Natürlich die Kuh am Bauern, der Bauer ist der Herr, er führt die Kuh am Strick und sie muss ihm folgen, wohin er auch geht. Er ist der Herr, sie ist der Sklave.“ Junaid: „Dann passt einmal auf!“
Er nahm eine Schere und zerschnitt den Strick. Im nächsten Augenblick war die Kuh auf und davon und der Bauer rannte schreiend und gestikulierend hinter ihr her. Und wieder Junaid: „Seht ihr, was passiert? Jetzt wird deutlich, wer hier der Herr ist und wer der Sklave, die Kuh ist davongelaufen, der Bauer rennt hinter ihr her.“
Nach einer Weile kam der Bauer sehr ärgerlich, außer Atem und ohne Kuh zurück: „Was soll das, was für ein Experiment soll das gewesen sein?“ Junaid wandte sich wieder an seine Schüler: „Mit eurem kleinen Ich verhält es sich genauso. Der ganze Unsinn, das ganze Zeug, das ihr mit euch herumschleppt, ist an euch nicht im mindesten interessiert. Ihr seid es, die es fest halten und sich dabei verrückt machen. Ihr seid an eurem Zeug interessiert und niemand sonst. Und in dem Augenblick, wo ihr aufhört, daran festzuhalten, wo ihr versteht, wie nutzlos und überflüssig es ist, wird das Zeug verschwinden, wie die Kuh wird es das Weite suchen...
Verfasser unbekannt